Der Herzog mit dem Janusgesicht
Böckl, Manfred [Böckl, Manfred]Einen goldenen Januskopf – das Symbol für Zwiespältiges, Widersprüchliches – zeigt die schöne und kluge Ludmilla von Bogen ihrem zukünftigen Ehemann Herzog Ludwig von Bayern. Sie will ihm damit vor Augen führen, daß er selbst ein zwiespältiger Mensch ist: Auf der einen Seite ist der Herzog rührig um das Wohl der ihm anvertrauten Menschen besorgt und versucht nach Kräften, die Lebensumstände seiner Untertanen zu verbessern; auf der anderen Seite aber scheut er nicht vor unsäglichen Grausamkeiten zurück, wenn es um seinen politischen oder persönlichen Vorteil geht. Im Verlauf ihrer Ehe führt Ludmilla ihrem Gatten seine Janusgesichtigkeit immer wieder vor Augen; sie legt ihm symbolhaft und in klaren Worten dar, wie sie seine hellen und düsteren Charaktereigenschaften beurteilt. Auf diese Weise wird die innere und äußere Entwicklung Ludwigs dargestellt, der Reifeprozeß seiner Persönlichkeit in ständiger Auseinandersetzung mit den oft bedrohlichen Herausforderungen seiner Zeit. Doch jeder Mensch, mag er gesellschaftlich noch so hoch stehen, ist äußerem Zwang unterworfen, der seine positiven Bestrebungen behindern oder zunichte machen kann – so auch Ludwig. Er gerät in das politische Spannungsfeld zwischen den rivalisierenden deutschen Herrscherhäusern der Staufer und der Welfen und wird darin fast aufgerieben.